skip to content

Partnerschaft

Der Vieux-Thann Platz im Gewann Pflenzinger

Vieux-Thann Platz

Der folgende Abschnitt entstammt aus dem Artikel des Offenburger Tageblatt vom Mai 2015,
Autor Thorsten Mühl.

Auf eine zwölfjährige Geschichte blickt die Jumelage, also die Gemeindepartnerschaft zwischen Rammersweier und dem elsässischen Vieux-Thann zurück. Am Samstag waren die elsässischen Freunde wieder auf Gemeindebesuch in der Ortenau.
Die grenzüberschreitende Gemeindepartnerschaft zwischen Rammersweier und Vieux-Thann im Elsass entstand 2003. Seither hat es sich eingebürgert, dass sich beide Seiten, wenn es der Terminkalender zulässt, einmal jährlich gegenseitig besuchen. Die deutsch-französische Freundschaft ist über die Jahre gewachsen und von großer Herzlichkeit geprägt. Das zeigte nicht zuletzt der aktuelle Gemeindebesuch einer über 20-köpfigen Delegation aus Vieux-Thann am Samstag im Rebort. An der Spitze weiterer Gemeinderäte und Freunde von jenseits des Rheins konnte Rammersweiers Ortsvorsteher Trudpert Hurst zusammen mit einer Reihe von Ortschaftsräten Vieux-Thanns Bürgermeister Daniel Neff und Stellvertreter François Scherr begrüßen.
Baum gepflanzt
Ein kurzer Fußmarsch führte die große Gruppe zum Verbindungsweg zwischen Pflenzinger und Loh. Hier war vor zwei Jahren anlässlich des zehnjährigen Bestehens der »Jumelage« ein Lindenbaum gepflanzt worden. Der den Baum umgebende Platz ist in jüngster Vergangenheit zu einem kleinen Atrium ausgebaut worden, das einen markanten Blick auf die Umgebung und Rammersweier ermöglicht. Die Landschaftsgärtnerei Hopp und der Gemeindebauhof in Person von Ulrich Kiefer sorgten für die Umsetzung der kleinen Maßnahme.
Wie Trudpert Hurst in einer kleinen Ansprache verlauten ließ, wird der Platz künftig zu Ehren der Gemeindepartnerschaft und als »Zeichen der Verbundenheit mit unseren Freunden« den Namen »Vieux-Thann-Platz« tragen. Mit einem kleinen Sektempfang wurde die Feierlichkeit offiziell besiegelt.
 

Zur Entstehung der Partnerschaft

Zur Entstehung der Partnerschaft:

Am 11.8.1994, im Hinblick auf den 50. Jahrestag der Befreiung von Vieux-Thann richtete Jean-Paul Bruckert, Schwiegersohn des ermordeten Robert Foehrenbacher, an den Maire von Vieux-Thann, Jean-Pierre Meyer, den Vorschlag einer gemeinsamen Gedenkfeier mit Rammersweier am Thalebuckel.

Am 16.11.1994, noch vor dem ersten Treffen, folgte in einem weiteren Brief sein zweiter Vorschlag: Eine Partnerschaft mit Rammersweier.

Dieser Vorschlag wurde sowohl in Vieux-Thann als auch in Rammersweier, hier vom Ortsvorsteher Gerhard Hurst, aufgegriffen, so dass sich am 6. Dezember 1994 die Delegationen beider Ortschaften erstmals am Denkmal auf dem Thalebuckel zum gemeinsamen Gedenken trafen.
Aus diesem Anfang wurde dann im Herbst 2003 eine offizielle Gemeindepartnerschaft. Aber nicht nur das, es entstanden viele Begegnungen mit Vereinen, den Kindergärten, den Schulen und auch private Freundschaften, ein Vorbild für andere Krisenregionen.
Dies ist das Verdienst von Jean-Paul Bruckert, Jean-Pierre Meyer, Gerhard Hurst, Pierre Muller, Dr. Uli Hartmann und vielen anderen. Hoffen wir, dass künftige Generationen diese Freundschaft fortsetzen und ihre traurige Ursache nie vergessen


Vieux-Thann, + Rammersweier, den 06. Dezember 2008,  René Gerber,
Francois Scherr, Jean-Paul Bruckert, Hans-Peter Goergens


Der 6. Dezember 1944

Hier geht es zum historischen Hintergrund unserer Partnerschaft mit Vieux-Thann.

 


Unsere Partnerschaft mit Vieux-Thann

Aufgrund der Geschehnisse am Talebuckel kurz vor Ende des 2. Weltkrieges gab es bereits seit 1994 die ersten Kontakte mit Vieux-Thann. Aus diesen ersten Treffen wurde dann schließlich im Jahr 2003 die Partnerschaft offiziell besiegelt.

Die jährlichen Treffen beider Ortschaften auf politischer Ebene gehören zum festen Bestandteil der Partnerschaft.

                

 
Zum Interentauftritt in französischer Sprache von Vieux-Thann: https://www.vieuxthann.fr/

 

Jedes Jahr trafen sich am 6. Dezember die Vertreter der beiden Partnergemeinden am Denkmal im Gewann Thalebuckel

Denkmal an der Straße von Rammersweier nach Durbach

Wenn Sie nördlich von Offenburg den Kreisverkehr Richtung Durbach passiert haben, überqueren Sie zunächst die alte Grenze zwischen der ehemaligen Reichsstadt Offenburg und Vorderösterreich. Der nächste Ort – Rammersweier -  gehörte, wie Vieux-Thann, ehemals zu Vorderösterreich. Ein Stück weiter sehen Sie auf der rechten Seite eine Tafel, die auf die Gemeindepartnerschaft zwischen Rammersweier und Vieux-Thann im südlichen Elsaß hinweist.

Sie fahren auf der Landstraße weiter, streifen Rammersweier und sehen dann auf der linken Seite auf der Höhe des rechts liegenden Sportplatzes ein Sandsteindenkmal mit folgender

Inschrift:

ICI

LE 6. DECEMBRE 1944

ONZE RESISTANTS

DE LA RÉGION DE THANN

SCELLERENT DE LEUR SANG

LA FIDELITE DE L’ALSACE A LA France


(Hier besiegelten am 6. Dezember 1944 11 Widerstandskämpfer aus der Gegend von Thann mit ihrem Blut die Treue des Elsaß zu Frankreich.)

Gehen Sie den Weg am Denkmal vorbei links den Berg hinauf, passieren die Schranke und laufen durch den Wald, bis Sie nach etwa fünf Minuten auf eine Lichtung kommen. Linkerhand haben Sie, bei gutem Wetter, eine hervorragende Sicht auf die Stadt Strasbourg.

Sie befinden sich jetzt auf dem „Thalebuckel“, ein ehemaliger Truppenübungsplatz bereits zu Kaisers Zeiten, dann auch im sog. „Dritten Reich“, später auch der französischen Armee, heute ein wertvolles Naturschutzgebiet.

Knapp 100 m vom Weg entfernt sehen Sie ein weiteres Denkmal.

Und um dieses geht es bei der Partnerschaft zwischen Rammersweier und Vieux-Thann.

Das Bild zeigt das Denkmal an der Straße

 

.

 
Die Stelle hat folgende Inschrift:

A la mémoire de

BUCHER Alfred

Thann

CATTANEO Edouard

Thann

DORMOIS René

Thann

HUGIN Charles

Thann

HUGON Jean

Thann

VOISIN Charles

Thann

LUTTENAUER Gaston

Cernay

LUTTENAUER Louis

Cernay

FOEHRENBACHER

Robert  Vieux-Thann

GRASSLER Emile

Bilschwiller

BEMMERT Gérard

Moosch

6. Decembre 1944

Diese 11 Männer wurden am Morgen des 6. Dezember 1944 an dieser Stelle von der Gestapo ohne vorheriges Gerichtsverfahren, durch Genickschuß ermordet.

Die Szene kann man sich nicht schlimm genug vorstellen. So wie die Männer bei der Exhumierung gefunden worden waren, waren ihnen die Hände auf dem Rücken gefesselt. Sie mussten sich vor einem Bombentrichter ausziehen und wurden immer zu zweit ermordet. So hat man sie auch gefunden, immer paarweise übereinander. Die Kleidung wurde dann, wie in ähnlichen Fällen, der NS-Wohlfahrt zugeführt.

Wer waren diese Männer?

Sie gehörten zum Maquis de la Waldkapelle.

Der Name stammt von einer Kapelle auf einem Sattel unterhalb des Herrenstubenkopfs zwischen Vieux-Thann und dem Hartmannsweilerkopf.  In diesem Wald richteten Armand und Jean Neff ein Lager ein.

Nach den gewaltigen Verlusten der Wehrmacht vor Moskau im Winter 1941/42 wurden 130.000 Elsässer und Moselaner (außerdem auch Luxemburger und Ostbelgier) völkerrechtswidrig zwangsrekrutiert, obwohl sie französischer Nationalität waren. Etwa 40.000 kehrten nicht mehr in die Heimat zurück. Ihre Verluste waren im Verhältnis doppelt so hoch wie die der Deutschen.

Nach der Invasion in der Normandie und in der Provence rückte die Front immer näher. Die Gruppe junger Männer, die sich bei der Waldkapelle versammelten, wollten auch etwas gegen die Besatzung unternehmen. Zu ihnen stießen Zwangsrekrutierte und zum Arbeitsdienst Verpflichtete. Ausgerüstet waren sie mit von der französischen Armee beim Rückzug 1940 zurückgelassenen Waffen. Durch Zufall wurde am 18. Oktober 1944 diese Gruppe entdeckt und mit Hilfe der Waffen-SS-Einheit „Charlemagne“, die im benachbarten Cernay stationiert war, eingekreist. Wem die Flucht nicht gelang, wurde verhaftet. Anatole Jacquot fand dabei den Tod, Gérard Bemmert wurde verwundet. Ein Gendarmeriemeister erhielt einen Schultersteckschuss. Armand Neff und René Onkel konnten fliehen. Nach diesen Verhaftungen übernahm die Gestapo in Mulhouse die Fahndung. Verhaftet wurden nach und nach 40 Personen, 31 davon aus der Region um Vieux-Thann. Die Verhafteten kamen zunächst ins Gefängnis nach Mulhouse, als die Front näher rückte, nach Offenburg.

Dort wurden die 11 Männer ermordet, die anderen kamen über das Lager Wolfach in verschiedene Konzentrationslager. 10 konnten nach dem Krieg nach Hause zurück kehren.

Francois Neff, Robert Gross und René Schweiss wurden in Dachau ermordet, Joseph Mann im KZ Buchenwald und Louise Standina im KZ Sachsenhausen. Frédérique Voisin, ihr Mann war bereits auf dem Thalebuckel ermordet worden, musste zunächst in Berlin für Siemens Zwangsarbeit leisten, kam dann ins KZ Sachsenhausen, von dort vermutlich nach Ravensbrück und wurde von russischen Soldaten befreit, die sie an die Engländer übergaben. Als sie in Lüneburg das Flugzeug besteigen wollte, das sie in die Heimat zurück bringen sollte, starb sie an Erschöpfung. Somit war die kleine Tochter Vollwaise. Madeleine Frey und Louise Relly sind vermisst, im KZ Ravensbrück umgekommen. Von Paul Hauser fehlt ebenfalls jede Spur, er wurde vermutlich im KZ Dachau ermordet.

(Quelle: L’Alsace, August 1945).

Haupttäter auf dem Thalebuckel war der Gestapokommissar und SS-Mann Erwin Schöner, geb. am 7.2.1905 in Karlsruhe. Während die Franzosen nach ihm fahndeten, kroch er beim „US Counter Intelligence Corps“ unter, kam vermutlich mit deren Hilfe nach USA und von dort nach ca. 6 Jahren nach Argentinien.

Im November 1964 fand in Offenburg nochmals eine Gerichtsverhandlung gegen Friedrich Ochs statt, der bei der Offenburger Gestapo beschäftigt und während der Erschießung mit auf dem Thalebuckel dabei war. Er gab jedoch an, nicht persönlich beteiligt gewesen zu sein. Über eine Verurteilung ist nichts bekannt. Außer Schöner und Ochs waren weitere zwei bis drei Mann dabei, deren Namen jedoch nicht bekannt sind.

Somit gingen alle Mörder der 11 Männer straflos aus. Die Leichen der 11 Resistants wurden erst am 5. Mai 1947 geborgen. Sie wurden in der Turnhalle der Knabenrealschule in Offenburg (Schillersaal) aufgebahrt und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 8. Mai 1947 auf dem Offenburger Friedhof beigesetzt.

Die beiden Gedenksteine wurden am 8. November 1947 eingeweiht. Am 16. November 1947 wurden die sterblichen Überreste der 11 Männer nach Thann überführt und nach einer Gedenkfeier in Thann in ihren Heimatgemeinden bestattet.

Bilanz der deutschen Besetzung von Vieux-Thann und der Region

Der Ort wurde (wie schon im ersten Weltkrieg) nahezu total zerstört. Das Städtchen war vom 10.12.44 bis zur Befreiung am 29.1.45 umkämpft. Die Bevölkerung war ab 1.12.44 bis zur Befreiung nach Cernay geflüchtet.

114 französische Soldaten fielen bei der Befreiung.

25 zivile Einwohner von Vieux-Thann kamen ums Leben,

30 wurden schwer verletzt.

31 wurden verhaftet davon 9 aus Vieux-Thann

1 kam bei der Verhaftung ums Leben

11  wurden auf dem Thalebuckel ermordet

6  kamen im KZ ums Lebeb

3   sind vermisst.

19 wurden, außer den im Text genannten, deportiert.

37    Familien (119 Personen) wurden nach Binnenfrankreich ausgewiesen,

5  Familien (17 Personen) ins „Altreich“ verschleppt, ihr Vermögen    wurde beschlagnahmt.

54 der Zwangsrekrutierten sind gefallen oder kamen in Gefangenschaft ums Leben.

1946 hatte Vieux-Thann laut Volkszählung 1.673 Einwohner.

Nachkriegszeit:

Am 28. Dezember 1947, nach dem vieles wieder aufgebaut war, wurde das Städtchen durch ein furchtbares Hochwasser der Thur heimgesucht, das große Zerstörungen anrichtete. Nach drei furchtbaren Kriegen (1870/71, 1914/18, 1939/45) mit Millionen Toten, Versehrten, Witwen, Waisen, zerstörtem Eigentum war die Zeit offenbar reif Wege zu suchen, damit dies nie wieder passiert.

Nicht Rache war gefragt wie nach früheren Kriegen, sondern Partnerschaft, die letztendlich in die deutsch-französische Freundschaft mündete. Frankreich und Deutschland sind der unverzichtbare Kern eines friedlichen Europas. Auch zwischen den Regionen vernarbten nach und nach die alten Wunden.

 

Up
K